3.5. Göttlichkeit gegen Menschlichkeit

Händels höchstes Streben waren Mandate und Ämterhäufung. Er kannte schon, Intellekt und Studium sind dafür eine Voraussetzung, die Klüfte zwischen Mensch und Mensch und wie man diese entstehen oder aber auch nicht sich schließen lässt. Was interessierten ihn schon die Sorgen und Nöte, welche auf die künftigen Arbeitslosen zukommen, die ihm ja aus seiner alten Heimat, dem Ländle, bekannt sein mussten. Die Politik der Schwarzen wurde nicht erklärt, sondern vorgesetzt. Sie bemühten sich auch nicht um bessere Antworten. Die das Volk interessierend Lösungen wurden durch Hypothesen ersetzt, wie „das wird schon“, „die Landschaften werden blühen“.
Händel segelte auf dieser Welle mit. Er nahm alles in Kauf, um Macht zu erhalten und zu sichern. Auch die Maulschelle eines Handwerkers, ausgelöst durch unsensible Großmäuligkeit in einer Kneipe der Salzstraße, konnte seine unmoralische Dickfälligkeit nicht beeindrucken. Ein Zeuge in dieser Angelegenheit hieß das nicht gut. Man solle doch bedenken, dass der Knirps „zum Ohrfeigen zu dreckig sei und anspucken möge er sich selbst“.

Klingt da nicht Friedrich Nietzsche durch?

Eine Journalistin der Ortspresse schrieb am Montag, dem 07. April 2008, man müsse den ganzen Nietzsche, hier „Also sprach Zarathustra“ gemeint, lesen, um ihn zu verstehen. Das hieße ja, die Mehrheit des Volkes von Nietzsche auszuschließen, die wäre ja zu dumm, um Zitate zu entnehmen und zu deuten. Ein Eigentor, denn dann müsste auch die Zeitung abbestellt werden, deren Inhalte immer dann nicht verständlich sind, wenn es darum geht, die Sünden der mit ihr Vernetzten zu verschleiern.

Die Bürger einer kleinen Stadt im Osten des Landes hatten ja gerade erst Alleinvertretungsanspruch, neunundneunzigprozentige Zustimmung auf einen Kandidaten, Wahlfälschung und Wahlmanipulation hinter sich, da kam schon wieder einer, welcher genau diese Instrumente nutzte, wie zum Beispiel viel später, im Frühjahr 2006.

Da beteiligte sich der wahrscheinlich über Jahre von ihm aufgebaute nicht sehr stu(e)rmische Kronprinz, welcher jetzt durch die Regionen reist und überall etwas Wind hinterlässt, immer mit Händel hinter dem Rockschoß, an einer Manipulation des innerparteilichen Wahlergebnisses. So jedenfalls ging es zweitausendsieben durch die Presse. Gewählt wurden Kandidaten der Schwarzen für ein Parlament. In seiner unermesslichen Arroganz ließ Händel durch die Tagespresse mitteilen, wenn der Beschuldigte dadurch kein Mandat für den Landtag bekäme, würde er, der ja nun schon fast zu alt sei, nochmals kandidieren. Wie schwach muss ein Kreisverband, aus redlichen Mitgliedern bestehend, sein oder wie schwach sind seine Informationen, seine ethischen Ansprüche, um diese Willkür zu erdulden? Wo blieben die öffentlichen Reaktionen der Parlamentarier, egal ob Aktivisten oder Hinterbänkler aus Bornitz ?

Und wo blieb der Schrei des Entsetzens, die wenigstens moralische Instanz der Opposition? Die fischer-te (Verzeihung, das ist kein Schreibfehler und der Begriff bezieht sich nicht auf das Mitglied des Erdenlandtages Fischer), grünte und gelbte mit ihren politischen Spielchen vor sich hin, rang um die eigene Werterhaltung als das Maß aller Dinge. Sie waren schon wieder alle verdrahtet, tranken Wein und Bier zusammen, kutschierten gemeinsam durch die Lande, politisch nur gegensätzlich, um der Öffentlichkeit die Notwendigkeit der eigenen Existenz vorzugaukeln.

Es war also an einem warmen Sommertag 1990. Um den Sitz des Rates des Kreises, so hieß dieser im Volksmund noch, mit seinen neu gewählten Verwaltungsleitern, die Mehrzahl guten Willens und politisch unerfahren, schien kräftig die Sonne über den großen schattenspendenden Bäumen der in Richtung Polizei verlaufenden Nebenstraße, als Händel erschien. Nicht gleich leiblich. Oh nein, man hat ja Erfahrung. Der Kraftfahrer seiner Behörde wurde bei einer im zweiten Stock des Hauses tätigen Vorzimmerdame vorstellig und brachte den Wunsch eines sich verdeckt haltenden Herren zum Ausdruck, der neue Herr Beigeordnete möge ihm die Möglichkeit zu einer Unterhaltung in einem Raum so geben, dass nicht gleich der Hausherr, der neue Landrat (dieser durchschaute ihn später sofort und wurde nie sein Partner), immerhin der gleichen Farbe angehörend, dieses Treffen registrieren könnte.

Die soeben genannte Unerfahrenheit ließ bei Peo also nur ein leichtes Verwundern über dieses Anschleichen zurück.

Weder Pech- noch Schwefelruch warnten ihn.

Erst später begriff er, dass er mit seinem Hinuntergehen psychisch eine Marke setzte, welche jenem, dem Besucher, Punkte einbrachte. Später, im Sessel der politischen und Verwaltungsmacht wurde diese Form des Hinbestellens oder Einbestellens ausgebaut und als psychologisches Instrument missbraucht, wohlwissend, dass in seinem Ländle das Einbestellen nur von Oben nach Unten möglich gewesen wäre. Wo hätte sich im Altbundesland ein stellvertretender Landrat nach unten zu einer dubiosen Figur in einem Rathaus begeben? Und 2 Jahre später eilte sogar der Landrat, ein anderer als der Erstgewählte, nach Einbestellung zum untergeordneten Verwaltungsbeamten. Als Belohnung folgten dann aber auch Ehrenbürgerschaft, Einladungen zu Festveranstaltungen anlässlich des „3. Oktobers“ zusammen mit den Untertanen aus romanischen Häusern, zahnmedizinischen Häusern, gesetzten und weniger gesetzten Frisierstuben, Dienstwohnungen unter glockenläutenden Türmen, durch das später noch zu beschreibende Stadtoberhaupt und dessen Werdegang.

Alle machten mit. Aktiv und passiv.

Schon früher, in der proletarischen Diktatur wäre es jedem, der es wollte, möglich gewesen, einen Weg vom Mitläufertum weg zu finden. Die, welche es nicht wollten, fanden später tausend Gründe, warum sie mitliefen, miturteilten, verurteilten, Täter wurden. Eingebundene Bonzen, Funktionäre, Zuträger, Fähnchenschwenker.
So auch heute, in der freiheitlich demokratischen Rechtsordnung, in welcher es doch wesentlich ungefährlicher ist, sich abzusetzen, aus bestimmten Schweinereien sich herauszuhalten oder dagegen aufzutreten.
Manche waren und sind aber auch verdammt gleichgültig. Die idealen Partner der Politik. Sie genießen heute die Wohlstandsprodukte, antworten bei Nachfragen zum Terrorstaat aber: „Mir ham nichts auszustehen gehabt. Mir ham nichts vermisst“. Sprach’s und fuhr in den Urlaub nach Tirol.

Der Mensch sollte Charakter zeigen und nicht die menschliche Demontage betreiben und genießen, einst durch Peo erlebt, als er von einem Disziplinarverfahren im Jahr 1983 kam und im dunklen Vorraum des Lehrerzimmers von einer freudig erregten Dame befragt wurde, wie es denn gelaufen sei. Nur dumm, das die Fragende nicht gleich erkannte, dass sie in der Dunkelheit des Vorraumes den Vorgeladenen mit der parteigebundenen Klägerin verwechselte. Na, wenigstens saß ihr der Schreck im Pionierleiterinnengesicht!

Vergessen soll nicht werden, dass es unter den Unwilligen genug Redliche gab. Nur ganz wenige waren echte Täter im Namen des Systems oder ihres Charakters. Einer der Redlichen schrieb, erpresst mit einer kleinen Untat eines sehr nahen Verwandten, zwanzig Jahre nette Berichte als informeller Mitarbeiter der Sicherheitsbehörde.
Auszug aus den personenbezogenen Unterlagen der Zentralen Materialablage des Staatssicherheitsdienstes der Deutschen Demokratischen Republik:
„Peo ist mir seit 1972 bekannt. .... Meines Wissens nach führen die Peos eine harmonische Ehe. Peo ist ein guter Fachlehrer, der konsequent mit seinen Schülern am fachlichen Wissen arbeitet. Er ist ein sehr kritischer Mensch, ohne nur zu „meckern“. Wird er ernst genommen, so ist er bereit bei Veränderungen zum Nutzen aller mitzuhelfen“. Gegen „Geschwätz“ und „leere Reden“ tritt er z. T. auch öffentlich auf. Er ist in dieser Beziehung unbequem. Ich glaube, dass er sich wohl fühlt in unserem Staat, obwohl er vorhandene Mängel kritisiert. Seine eingeschlagene Karriere, er war Schulleiter der Teiloberschule ... hat er z. T. selbst verschuldet abgebrochen und will nur noch Lehrer sein. Bei Schülern ist er beliebt, da er gerecht ist und sie bei ihm solides Wissen erwerben können. Peo frisiert keine Leistungen oder Statistiken. Das Ehepaar besitzt zur Zeit einen Pkw „Trabant“. Das Haus der Familie ist umfassend und solide eingerichtet.“ Unterschrift des IM / Datum 1.11.88
Der freundliche Berichterstatter, er sollte ruhig schlafen, er hatte einen Weg gefunden. Er wurde kein selbstgefälliger, die heimliche Macht genießender Böser und gab damit seinem Beobachtungssubjekt die Chance einer unbeschadeten persönlichen Entwicklung.Wie sagte doch der Gründer einer großen Drogeriekette DM, zitiert aus einem Bericht einer Tageszeitung: „Wer will findet Wege, wer nicht will findet Gründe.

Das Wahlvolk sah am Anfang gläubig zu, dann begann es, die drei berühmten Affen nachzuahmen, denn von Wahlperiode zu Wahlperiode beteiligten sich weniger an der Ausübung ihrer legitimen Rechte. Und so passiert das, was auch schon zu Kaisers Zeiten geschah. Die Schlechtigkeiten und deren Auswirkungen erreichten trotzdem die Wahlverweigerer, und sei es nur auf Umwegen. Warum, ihr Meckerer, geht ihr nicht alle in die Parteien und überstimmt die von euch bezeichneten Bösewichte? Peo sagt euch warum: Weil so einen trägen Haufen keiner anschieben oder mitreißen kann, ihn organisiert. Nun aber nicht losschimpfen auf den Besserwisser, er hat das Organisieren und die Gründung einer Partei, der APD, der Angleichenden Partei Deutschlands ( ihr Name war Programm) getestet, versucht. Sie wurde vom Bundeswahlleiter genehmigt und bekam öffentlichen Zuspruch. Mehr aber auch nicht, denn im Gegensatz zu den Etablierten flossen keine Mittel, um diese Partei durch Druckerzeugnisse bekannt zu machen. Es blieb bei einer regionalen Luftblase.
Ergo: Die Hürden sind Teil des Systems. Da kann man nix machen.

Diese Erfahrung musste auch ein neu angesiedelter, einen Rotari-Club leitenden, bekannter Rechtsanwalt verinnerlichen, der sich 2007 gegen den Abbau von Verwaltungen in seiner Wohn- und Heimatstadt sehr deutlich aussprach und sich gleichzeitig dagegen verwahrte, Partei- und Lobbyarbeit zu leisten. Es lässt sich in den Pressebeiträgen leicht nachlesen, dass parteipolitische Argumentationen und Agitationen vermieden wurden. Aber auch der beste „Schäfer“ bekommt die Herde nicht voran, wenn diese träge am wohlschmeckenden Gras kaut, wo doch Verdächtigungen und Selbstmitleid so bequem sind.
Man kann auch sagen: Der Frust der Wählerschar muss sehr groß sein, wenn jemand, der unparteiisch und neutral für die Interessen der Stadt eintritt, keine starke öffentliche Zustimmung erfährt, im Einzelfall mit Unterstellungen leben muss.

Das bestellte Hingehen an diesem warmen Tag ging wohl nur, weil Peo und einige andere, lebenslang Bürger der zerfallenden Republik, unbewusst nachvollzogen, dass da einer sei, der seiner oder der anderen Hilfe bedarf, welcher noch nicht mitbekommen hatte, dass man auch im Gebäude der alten Macht nicht mehr flüstern muss.

Welch ein Irrtum!

Nach der gegenseitigen Vorstellung kam er auch gleich zur Sache. Er habe Kontakt mit einem Bundestagsabgeordneten gehabt, welcher Peo empfohlen habe, sein Anliegen zu begleiten. So übernahm Peo seine privaten Unterlagen wie Lebenslauf, Abschlüsse, Referenzen und einen Schriftsatz, welcher die Bewerbung zum Bürgermeister der Türmestadt enthielt. Und Peo kopierte nicht einmal die Unterlagen, als Bombe im Keller verwahrend.
Er, der Bewerber muss geahnt haben, dass sehr bald viele der Tüchtigen in die alten Länder verschwinden werden, dort aufgesaugt werden, lieber dort in die Wirtschaftsspitzen, Verwaltungen, Ämter aufsteigen und somit nur eine schwache unerfahrene Konkurrenz der zweiten Garnitur gegenübersteht. Auch wusste er aus Erfahrung, welche gesellschaftlichen Spielregeln gelten werden, wie man politische Karten zinkt, wie man Karrieristen aller politischen Richtungen und Glaubensbekenntnisse ausrichtet, formiert, einspannt, wie man Journalisten einbindet, Gläubige und Ungläubige ausrichtet und alle dem hohen Ziel des eigenen Aufstiegs unterwirft. Klug, schamlos, rabiat, frech, demagogisch unter dem Schafspelz, am Ende sogar unter dem Domherrenkittel.

Das ist doch jetzt, nach zwei Jahrzehnten oder sind es schon Jahrhunderte, psychologisch sehr interessant. Da tauchen doch Fragen auf. War Peo so naiv, einem Wolf im Schafspelz den Weg zu bereiten? War Peo so von ihm überzeugt, dass er den redegewandten Herrn für redlich hielt und damit außerordentlich zuverlässig seinen Wunsch erfüllte? War er so durch die Diktatur und ihre systemnahen Vasallen beschädigt, dass alle Sensoren stumm blieben? Er fand ihn, seinen Bittsteller, zunächst überzeugend und folgte später seinen Aktivitäten mit Hingabe in der Annahme, sie haben beide das gleiche Anliegen, die gleichen Visionen:
„Die gesellschaftliche Erneuerung und den nicht mehr ideologisch auf nur eine Partei, eine Person und deren Machtapparat abgestimmten Verhaltenskodex, sprich bedingungslose Unterwerfung und Verfolgung der Andersdenkenden“.
Später rundete sich das Bild.

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