3.9.1. Der "Erste Parlamentarische Untersuchungsa

Aus diesen Kreisen war dann auch keine Beratung zu erwarten. Es war auch keine Unterstützung zu erwarten, als Peo sich über seine unparteiischen Entscheidungen von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, es geschah in einem Bundesland des Planeten, welches so ähnlich wie Land Sachsen-Anhalt klang, befragen lassen musste. Sie waren in dieser kurzen Zeit seit der Wende selbst schon viel zu sehr in parteiabhängige Interessen geraten, um Ratschläge glaubwürdig weitergeben zu können.
Was war geschehen?
Ein in der Kreisstadt gecharterter Omnibus voller Enttäuschter entlud sich in der Landeshauptstadt. „Der Kreisschulrat Peo habe in die neu zu vergebenden Ämter seine Freunde und Bekannten gesetzt“, so der Vorwurf. Die dunkelrote Front hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als schnell einen Untersuchungsausschuss mit der Angelegenheit „Lehrer“ bilden zu lassen, welcher diesem und weiteren Vorwürfen auf den Grund zu gehen habe. Peo, im Jahr 1992 noch ein von den Schwarzen wohl gelittener Partner, war ein gefundenes Fressen für die Landesopposition. Da saß er nun, der Unerfahrene, in der 14. Sitzung am 28. Januar 1993 und am 18.03. in der 18. Sitzung an einem kleinen Tischchen, bombardiert mit ausgeklügelten Fragen durch die Parlamentarier aller Farben. Die Vernehmung zur Sache, die auch andere Vertreter des Amtes über sich ergehen lassen mussten und die auch umfangreich protokolliert wurden, bezog sich auf das vom Kultusministerium angeordnete Auswahlverfahren, auf die damit verbundene Beschäftigung der Lehrkräfte in Grundschulen, Sekundarschulen und Gymnasien. Berufsschulen und Sonderschulen waren darin nicht einbezogen.
„Haben Sie bevorzugt? Haben Sie Bewerbungsunterlagen nicht beachtet? Haben Sie Mitglieder anderer Parteien benachteiligt? Haben Sie an Personalakten gebastelt? Haben Sie die vorgegebenen Richtlinien eingehalten?“
„Haben sie die 1991 zu bildende Auswahlkommission, welche der Personalstelle des Bezirkes die Weiterbeschäftigung der Lehrer zu empfehlen hatte, manipuliert?“

Die Antworten des Schulamtsleiters Peo dazu, im Protokoll steht er als Kah, auf diese letzte Frage sollen hier einmal wörtlich aus dem Protokolldeutsch der neunzig Seiten der Archivreproduktion des Landtages wiedergegeben werden:

„Wir haben alle Träger, auch die Träger der jetzigen Landesschule Pforte zum Beispiel aufgefordert, an den Sitzungen der Kommission teilzunehmen. Wir können das durch die entsprechenden Einladungen nachweisen. Wir haben von allen Kommissionsmitgliedern die Bestätigung bekommen, dass sie an dieser Kommissionssitzung teilnehmen. Wir haben zum Beispiel durch das Kultusministerium nach telefonischer Nachfrage ein Schriftstück bekommen, in dem die Verantwortlichkeit oder die Trägerschaft noch in den Händen des Landkreise lag, so dass auch hier zumindest die Mitgliedschaft des Kommissionsmitgliedes rechtlich abgesichert war.“
„Es gab eine Sitzung am 11. April 1991, in der es um die Schulleiter für Gymnasien ging. Dann haben wir am 24. Mai bis zum 27. Mai 1991 über die Lehrer der Sekundar- und Grundschulen beraten.
Die Schrittfolge in der Kommission war folgende. Hier möchte ich darauf aufmerksam machen, dass einige Vorwürfe, die uns durch die Presse bekannt wurden, nicht stimmen. Das lässt sich nachprüfen. Ich darf also hier auch Kraft ihrer Belehrung sagen: Die Vollzähligkeit der Kommission wurde immer laut Einladung geprüft und sie war auch immer vorhanden. Es hat also nie jemand, obwohl es manchem Mitarbeiter sehr schwer fiel, in dieser Kommission gefehlt. Alle Mitglieder wurden belehrt, und das wurde mit Unterschrift dann auch bestätigt. Wir haben zum Anliegen laut den Erlassvorschriften und Hinweisen des Kultusministeriums beraten. Dann haben wir die Akteneinsicht vorgenommen. Wir haben in der Sitzung noch einmal kontrolliert, ob die Unterlagen (Blätter) vollständig sind. Jedes Mitglied wurde immer wieder, wenn Ermüdungserscheinungen auftraten, aufgefordert, den Rundlauf der Akten (von Hand zu Hand) nicht zu unterbrechen, damit jeder über jeden Bescheid wusste.“
Der Vorsitzende des Ausschusses:
„Ich habe noch eine Frage, weil das, was Sie berichtet haben, in anderen Auswahlkommissionen offensichtlich nicht alles so gelaufen ist. Sie (Peo) haben gesagt, dass die Akten des Bewerbers oder die Akte jedes Bewerbers allen in der Hand gewesen ist, bevor die Bewertung abgegangen ist, der Beschluss gemeinsam abgeschlossen wurde, aber vorher hat jeder irgendwo Einsicht gehabt in die Bewerbungsunterlagen.“
Peo:
„Ja, das muss ich auch noch einmal bestätigen. Es wird Ihnen etwas unwahrscheinlich erscheinen, aber wir haben tatsächlich Tag und Nacht gesessen und haben in meinem Dienstraum – darin befindet sich ein großer Tisch- rundherum gesessen, und die Akten gingen herum (von Person zu Person). Ich würde höchstens so sagen, wenn mal ein Kommissionsmitglied sagte, ich habe hier so einen Fall und der ist eindeutig positiv, dass dann etwas oberflächlicher in die Akten eingesehen wurde von den restlichen Kommissionsmitgliedern, aber am Ende dann doch die Beratung dazu erfolgte und jeder die Möglichkeit gehabt hätte zu sagen, also hier will ich noch einmal genauer nachsehen, auch das ist ja passiert, so dass es dann zu einer Abstimmung kommen konnte.
Diese Herrschaften, die dort gesessen haben, vom Hauptamtsleiter der Stadtverwaltung über den Bürgermeister von Kleinjena, Herrn Bittdorf, zum Beispiel oder den Herrn Pastor Fuhrmann oder den Abgeordneten Röder vom Bildungsausschuss. Das sind alles Persönlichkeiten, die hätten sich von mir nicht manipulieren lassen, weil sie selbst entscheidungsfreudig sind und auch genügend Verantwortungsbewusstsein hatten. Weil das ja ein Vorwurf ist, der ständig ausgesprochen wird: alle machen nur das, was der Kah sagt. Und das ist im Prinzip total unglaubwürdig. Das geht auch nicht in meiner Fraktion, die ich zurzeit noch leite.“

Peo hatte ein gutes Gewissen und zuverlässige Mitarbeiter im Schulamt, welche korrekt alle Unterlagen getreu der ministeriellen und parlamentarischen Vorgaben geführt hatten, so dass er jeden Vorwurf nachweislich ad absurdum führen konnte. Er saß wie ein Felsen, weder erschöpft noch erregt. Auch ein neben ihm sitzender Kläger, ein durchaus glaubwürdig wirkender und beredter Bewerber um eine Stelle als Schulleiter eines Gymnasiums, in der Vergangenheit als Parteisekretär der SED an einer Erweiterten Oberschule berufen, gab auch nur Luftblasen von sich, plätscherte am Sockel des Felsens vor sich hin. Der sich unbemerkt hinter Peo im Auftrag des schwarzen Kultusministeriums positionierende Jurist sah keinen Anlass, Stärkung zuzusprechen und erklärte sich als helfende Hand erst am Ende allen Übels.

Schon bald wirkte das sich bemühende Parlamentariergremium belustigend, sich ganz im Sinne Peos darstellend, welcher die Welt Dank seiner kurzen aber sehr intensiven Berührungen mit politischen Menschen schon bald als ein Panoptikum betrachtete.

Belustigend?

Eine Parlamentarierin gab Peo einen Wink. Ihm auf die Herrentoilette folgend, man hatte sich im Landtag schon für viel Geld den Luxus einer bisexuellen Anlage geleistet, raunte sie ihm zu, dass die Roten die Vorwürfe, welche Peo zugedacht waren, in so eklatanter Weise selbst umgesetzt hätten, dass sie sich ihr eigenes Grab schaufelten, wenn sie nicht schnellstens die Aussetzung des Ausschusses beantragten.
Es drohte ein Eklat. Die klagenden Hellroten hatten die Schulleiterstellen und ministeriellen Arbeitsplätze massiv an ihre Kumpane vergeben. Der künftige Kultusminister der hellroten Opposition, ein düster wirkender Reck mit schwarzem Bart, war gefährdet. Und die Vorsehung hatte ihn ja für 4 Jahre eingeplant. Sicher waren einige Höllengeister noch nicht bereit, die vorgesehenen riesigen Schäden in der Bildungslandschaft durch die Förderstufe auf zu geben.
Schade, dass keine Hellseherin an Bord war. Im Jahr 2008 trat der dann für eine Weile Minister gewordene und Landtagsabgeordnete aus seiner roten Partei aus! Warum weiter Beitrag zahlen? Die Pension war ja gesichert.

Das war’s!

Die nach längerer Zeit dem Befragten zugesandten Protokolle, in Rede und Antwort fein säuberlich durch einen Protokollanten niedergeschrieben, liest er, Peo, nun einmal jährlich als erbauliche Weihnachtsgeschichte.
Längst vergessen und aus den Protokollseiten wieder auferstehend zeigten sich heute noch deutlicher, wie schnell 1990 die Verbandelungen der alten Kader erfolgt waren. Sie besetzten sofort die Führungsstellen im Philologenverband, in den Gewerkschaften und klagten ihre Nichtverwendung als Einzelperson im Namen des Verbandes, der oft nur aus ihnen selbst als Führungsperson und einigen Gleichgesinnten bestand, ein.

Die, welche in der kleinen Domstadt nicht mehr den Dienst antreten durften, wurden mit offenen Armen in einer etwas größeren nachbarlichen Domstadt aufgenommen. Der dortige Chef war ein Verbandsfreund und ein vormals promovierter Ehemaliger.

Am 18. 03. 1993 wurde um 15.42 Uhr verkündet, dass es keine Fortsetzung der Beweisaufnahme geben wird.
Viel wichtigere Fragen, welche Peo liebend gern beantwortet hätte, wurden nicht an ihn gestellt wie zum Beispiel:
Warum haben Sie die Kader der Abteilung Volksbildung oder auch hauptamtliche Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (nicht Informelle Mitarbeiter) nicht aus dem Dienst entfernt, sonder diesen eine Beschäftigung in der Bildung gewährt? Welche menschlichen Züge haben Sie geritten?

Das war’s?

Ach nein. Das war es noch nicht. Als der hellrote Schwarzbart dann Minister wurde und mit seinem schwarzen Landtagskollegen kungeln konnte, gab es dann doch noch eine Retourkutsche. Peo, der sich im Frühjahr 1996 im Urlaub befand, wurde die koordinierende Aufgabe entzogen. Das Argument: Sie haben sich für eine „Freie Schule“ in Rödigen mehr eingesetzt, als Ihnen zusteht.

Wie schrieb ein Leser im Internet an den Autor? Nur gut, dass es so etwas auf Erden nicht gibt.
Sein Gewissen muss ihn auch nicht plagen.
Als der vom Kreistag 1990 eingesetzte neue Kreisschulrat konnte und wollte er weder Korruption noch Amtsmissbrauch anbieten. Damit wurde einigen Lehrkräften und Schulleitern durch die demokratisch zusammengesetzte „Kommission zur Wiederverwendung der Lehrkräfte und Erzieher“ keine Stelle angeboten. Im Kapitel „Landesuntersuchungsausschuss“ hat der Leser weiteres erfahren.
Die Mehrzahl der nicht wieder eingesetzten Pädagogen wird im Verlauf weniger Jahre gemerkt haben, dass sie dank ihrer teilweise hohen fachlichen Qualifikation neue berufliche Einstiege fanden, welche dem Job als „ständig bevormundeter und unterbezahlter Angestellter im öffentlichen Dienst“ mehr oder weniger weit überlegen waren und sind. Sie wurden Lehrkräfte, Bereichsleiter oder Schulleiter in privaten oder anderen Bildungsträgern, fanden als Dr. phil. der Ernst- Moritz- Arndt- Universität Greifswald Eingang in Finanzberatungen und Positionen als Geschäftsführer, gingen, weil es gerade passte, nach der Wende mit nun Westrente in den vorzeitigen Ruhestand und genossen die Reisefreiheiten in die Welt, welchen sie zuvor abgeschworen hatten.
Peo blieb auch nach seinem Austritt aus der Partei der Schwarzen 1994 der Farbe Schwarz nur innerlich noch in den Grundsätzen gewogen. Äußerlich wollte er zeigen, dass er die unter dem Schleier der Redlichkeit praktizierte Parteipolitik nicht mitgeht. Der außerirdische Stern, in einem Schwarzen Loch liegend, Physiker und Astronomen werden sich ob dieser unfachlichen Schilderung mit Grausen abwenden, lag in tiefster Finsternis. Da half nur das für Peo typische weiße Hemd, um nicht ständig zusammen zu prallen, welches bei leichtem Lichteinfall schwach rötlich schimmerte.

Es war ja zu Beginn überhaupt eine Zeit der Widersprüche und der sich überschlagenden Entscheidungen. Deshalb betrachtet Peo auch das Hin und Her, die innere Zerrissenheit, nicht vorwurfsvoll. Hatte er nicht selbst am 17. Januar 1990 noch vor ca. 12.000 Versammelten auf dem Marktplatz gerufen:
„Wenn sich das Neue Forum nicht zur Wahl stellt, dann wähle ich die Sozialdemokraten“?

Die eben noch „Wir sind das Volk“ rufenden und mit hehren Zielen stigmatisierten führenden Köpfe waren durchaus nicht mehr ein Bündnis, keiner dem anderen mehr hilfreich. Da hatten einige, die Einflussreichen, schon längst durch private und eingeschwemmte Berater Kenntnisse von politischen und Verwaltungsstrukturen wissend, Pläne geschmiedet. Sozialdemokraten?

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