4.5. Unvermeidbarer kosmischer Staub

4.5.Unvermeidbarer kosmischer Staub

Die Lehrlinge marschierten unter Leitung eines Ausbilders auf die Felder, entlang des unter den Weinhängen sich schlängelnden Flusses. Dass auch sie unter der Schirmherrschaft Parteibeauftragter standen, war nicht spürbar. Am zeitigen Morgen wurden sie geweckt und eine Horde kräftiger vierzehnjähriger und fünfzehnjähriger Lehrlinge brachte Leben in das Internat, in welchem heute, dreiundfünfzig Jahre später, eine Bauhütte residiert. Unter der strengen und gut gemeinten Aufsicht der Erzieher lernten einige auch die Haltung bei der Speiseneinnahme am Tisch. „Die Ellbogen werden nicht aufgestützt, der Körper ist gerade zu halten, schlürfen dürfen nur die Pferde an der Tränke und die Kälbchen am Milcheimer, Kuchen ist mit der bereitgestellten Gerätschaft vom großen Teller zu entnehmen“.
Wer heute der Jugend, und dazu gehören auch Gymnasiasten, Studenten und Fachhochschüler, zusieht, muss die Stirne runzelnd zur Kenntnis nehmen, dass mehr oder weniger am Tisch gefressen wird. Von den schlechten Tischsitten nicht ausgenommen war auch ein an der Jan-Hus-Schule um 1975 neu erschienener Schulleiter, seines Zeichens neben dem erworbenen Fachlehrerexamen auch als Diplomlehrer bestätigt. Der missbrauchte seine macht nicht nur an Schülerinnen und Schülern sonder auch gegenüber den Tischsitten. Er löffelte mit aufgestützten Ellenbogen seine Suppe.
Peo schaut sich, wenn ihn Wehmut erfasst, Bilder an, welche, mit einer „Pouva Start“, so ähnlich hieß seine erste Kamera, in der Freizeit aufgenommen, Vergangenheit aufleben lassen und zu einem Rundgang verleiten.

Die Einfahrt in das Gut fiel von der Straße aus leicht ab und ging dann in eben liegendes Pflaster über. Rechter Hand wirkte in einer ständig rußenden und oft auch hell klingenden Schmiede Herr Waack, der Schmied, klein von Wuchs und immer freundlich, dessen Grabstein auf dem Pfortenser Friedhof zu finden ist. An einer Zufahrt vorbei folgte ein einstöckiges Wohnhaus, nicht nur von Gärtner Riedel bewohnt. Daran schloss sich ein niedriger Holzschuppen, eine Wand des Wohnheimes ausfüllend an, welcher an der Ecke des Wohnheims endete. Das Lehrlingswohnheim, also neben dem Holzschuppen liegend, hatte eine zweiflüglige Holztür, welche in einen gefliesten Flur mündete. Unten lagen die Waschräume mit eisig aus den Hähnen laufendem Wasser und ein Aufenthaltsraum, welcher kaum genutzt wurde. Die Lehrlinge waren immer in Bewegung. Oben befanden sich die Schlafräume für die zehn Jungen, von denen als Vierzehnjährige jeder darauf wartete, von der geliebten Erzieherin zur „Gute Nacht -Zeremonie“ auserkoren zu sein. Das die Knaben dann nicht gleich einschliefen, sondern auch schon mal miteinander die Stärke ihrer Erregung verglichen, dürfte als Gruppengaudi nicht ungewöhnlich gewesen sein.
Das Fundament aus groben Kalksteinen gemauert, die Treppe in den Hof hinein ragend, die Fenster unten mit je zwei übereinander stehenden Flügeln, die Fenster oben zweiflüglig, der Putz bröckelnd, das Dach flach und geteert hätten 1952 vom Verfall gekündet, wäre da nicht die das ganze Haus prägende, in weißen großen Buchstaben geschriebene Losung „Ruhm u. Ehre dem Komsomol“ angebracht gewesen. Darunter saßen oft die Lehrlinge in Arbeitskleidung und ihren Skimützen auf einer langen aus vier Bretter bestehenden Bank, die Stiefel und Schuhe putzend, erst später erkennend, dass sie für die Ideologie fronten.

Von Gegenüber bekamen sie immer einmal je nach Jahreszeit die entsprechenden Duftnoten der gärenden Maische aus der intakten Brennerei in die Nasen. Null Problem für alle in der Gewissheit, sich des Eigenanteils an der Destillation gewiss zu sein. Der gewonnene Alkohol wurde verplombt verschickt. Das Leergut, die 100 oder 200 Liter Fässer, enthielt immer noch rund eine Kaffeetasse voll des schädlichen Gesöffs, von einem älteren Sachsen „Allehol“ genannt, womit sich die Stifte heimlich den täglichen Malzkaffee aufwerteten, ihn zum Labsal machten. Die Brennerei mit ihren glänzenden Maschinen und Zylindern, dem hohen Schornstein, unter dessen Schatten sich zur Seite der Gutsverwaltung hin die Landarbeiter einfanden, um die Arbeitsaufträge entgegenzunehmen, war optisch das Prunkstück des Hofes. 1953 sprengten angeblich die Russen im Wald über der Landesschule Buchenstubben, der Schornstein bekam Risse und das Ende der Brennerei war damit besiegelt.
Wenige Tage nach der Sprengung kamen die Verursacher der Risse in Kompaniestärke und versuchten, die Schäden aus zu bessern. Das gelang ihnen nicht. Wohl aber gelang es ihnen, den 14 jährigen Lehrlingen in Zeitungspapier gewickelten Tabak auf zu schwatzen und großmäulig, wie diese Altersgruppe nun einmal ist, wurden etliche Lungenzüge, die ersten in ihrem jungen Leben, gewagt. Grün werdend und dem Brechreiz ausgeliefert durften alle ins Bett. Die Vergiftung kam schließlich von den „Freunden“ und denen Widersprach nicht einmal der Gutsverwalter.

Geht man heute zurück an die Straßenzufahrt kam linker Hand, im heutigen Gelände der Bauhütte, der ebenerdige massive Stall der Schafe. Eine Gaube mit einer Holztür erlaubte das Hochgabeln von Stroh und Heu. Darunter war ein bis an die Dachrinne stoßendes hölzernes sehr stabiles Doppeltor, durch welches die Herde ein- und auszog. Dahinter fanden Mutproben statt. Ein gereizter Widder, schoss auf den Lehrling zu, welcher in letzter Sekunde zur Seite zu springen hatte, so dass nur ein donnernder Aufprall der mehrere Zentimeter dicken Schädelplatte auf das Tor zu hören war.
Neben dem Tor sorgte ein Holzgatter für frische Schafsluft.
Angrenzend an die Zufahrtstraße im Hof, fast parallel zum Holzschuppen des Jungen-Wohnheimes befand sich die Unterkunft des ersten Kettenschleppers IFA-PIONIER mit den zugehörigen Öl- und Dieselfässern und weiterem Zubehör.
Auf der Freifläche, eingerahmt von Heim, Brennerei, Schafstall und Scheune wurde anfangs der Ritt auf dem Ochsen oder auf Thea, dem Beutepferd, geübt.
Bald aber war die schwere Ardi des Schäfers eine bessere Unterlage für künftige Führerscheininhaber. Auch gab es noch ein schweres Motorrad, welches zum Antrieb nicht eine Kette, nicht einen Kardan, nein einen Lederriemen hinnehmen musste. Gab man als Lehrling etwas Wasser auf diesen Riemen, dann rutschte dieser, der Besitzer fluchte und die Stifte grinsten hinter der Mauer.
Interessant war für die 14 – 16 jährigen auch die Dienstmaschine des Instrukteurs für Landwirtschaft. Dieser Herr Möbius aus der Domstadt ließ im Zündschloss der AWO immer den Schlüssel stecken. Man lebte ja schließlich im aufblühenden Sozialismus und wollte vielleicht auch nett sein?
Die Sünder hat er nie bestraft aber immer sehr streng angeschaut, denn Kurzfahrten um die Brennerei und mancher Sturz der ungeübten Lenker waren die Folge seines Leichtsinns.
Er war wohl immer sehr von sich oder von der sozialistischen Disziplin der Mitmenschen überzeugt, sonst hätte er nicht in den siebziger Jahren zwischen Weißenfels und Naumburg im dichten Nebel ein Fahrzeug überholt. Inzwischen zum Direktor einer Berufsschule aufgestiegen, machte er damit der freien Fahrt des Gegenverkehrs und seinem Leben ein Ende.
Vom Hofeingang links und rechts wurde das Gut von hohen Scheunen begrenzt, die mit Leiterwagen befahren werden konnten, die früher von Garben zum Ausdreschen, später von Stroh und Heu entladen wurden, gestapelt bis an den Hahnebalken.

Das Erntegut kam in den rechter Hand liegenden zweistöckigen Speicher. Ein Sackaufzug erleichterte die Arbeit, aber nicht immer. Hin und wieder hatten die Stifte anderthalb Zentner schwere Getreidesäcke zu buckeln. Das empfanden sie nicht als Hürde, denn beim Kräftemessen mit den Eichgewichten, wenn das Messamt kam, wurden in jeder Hand 50 kg angehoben und auf die Waage vor dem Bürohaus, das Grenzgebäude zur Landesschule, gehievt und da war nicht nur der Messamtsmensch anwesend. Auch unsere Mädchen hatten sich zuschauend dazu gesellt. Die blonde Bärbel aus Almrich, die Renate aus Pörsten bei Leipzig, Mariandel, die dunkelhaarige Sonja und noch einige Gesichter, deren Namen verflogen sind. Sie waren durch die schwere Tagesarbeit ausgeglichen, ohne Flausen und nicht ein bisschen „Hebbe“. Alles klar, Männer?

Auf Peos Rundgang 2007 erinnerte er sich auch noch an den an das Heim angrenzenden Schweinestall. Hier regierte der Schweinemeister. Er war ein wichtiger Mann und seine Berufsbezeichnung für uns ehrenwert. Er, ein Vater vieler Kinder, warnte uns vor Frauen, welche wohl wie seine schwanger würden, noch bevor er die Hosen unten hätte. Aber das verstanden wir noch nicht so richtig.

Auch war uns ja der am Speicher anschließende Kuhstall, von einer Durchfahrt getrennt, viel wichtiger. Vor ihm lag einerseits immerhin ein großer Platz, der Raum für den täglich anfallenden Stallmist bot, welcher, ordentlich gestapelt, im Herbst die Felder mit Nährstoffen und Humus versorgte und in ihm stand andererseits unsere Zielgruppe.
Gleich zu Beginn der Lehre wurden wir zum Kühe melken verdonnert. Ausgerüstet mit Eimer und einbeinigem Melkschemel begann um fünf Uhr die Einweisung. „Keine Milch trinken“ hieß die Devise. „Ihr könnt krank werden“. Peo, welcher schon einmal wegen Unterernährung auf dem Weg zur Georgenschule wie tot dalag und in der Klinik Schiele gerade so einer Blinddarmoperation entging, weil man rechtzeitig Unterernährung feststellte, wollte nicht so recht daran glauben. „Mein Opa ist Arzt, der wird mich schon heilen. Hat er bisher immer geschafft“.
Zunächst also wurde bei dem Guten, dem Opa Dr. Oswald Bladt am Georgenberg 2 ein Klistierschlauch in das Eigentum des Volkes der Lehrlinge überführt. Während des Melkvorganges schob sich dieser Gummischlauch, versteckt unter der Arbeitsjacke, über den Hosenstall in den Eimer. Jeder von den vier Stalldienststiften füllte sich mit reichlichen zwei Litern.
Frische warme Kuhmilch, eine Spende der ruhig stehenden und Futter mahlenden Zielgruppe. Hm, das tat den ausgehungerten und von Marmeladenbrot zum Frühstück lebenden Stiften gut. Die Kuh war leer gemolken, der Eimer voll, die Mägen zu voll. Beim Aufrichten sucht die Milch, damals noch ohne Norovirus, den schnellen Ausgang. Die weiße Pfütze, das Gurgeln beim Erbrechen - der Schweitzer, so hieß der Milchviehchef, sah rot (später sah auch Peo auf dem Zeltplatz bei Mario rot).
Des Schweitzers rosarot gestreifte Arbeitsjacke bebte ein Weilchen und damit war der Vorfall erledigt. „Unser Lehrausbilder erfuhr nichts. Der hätte uns sonst zur Arbeit robben lassen. Mit geschulterter Mistgabel“.
Er war streng und damals hatten die 14 – 16 jährigen noch ausreichend Respekt. Man glaubt es nicht, aber diese marschierten, wenn Gruppenarbeiten anstanden, in Zweierreihe mit geschultertem Arbeitsgerät zum Hacken der Rüben, zum Aufhängen der Hopfentriebe, zum Dünger streuen mit der Hand, zum Stechen der Rüben oder zum Kartoffellesen in Richtung Bad Kösen, Almrich, Fischhäuser auf die angrenzenden Felder und Hänge. Ein feldwebelartiges Kommando „Kopf hoch, Brust raus, ein Lied aus freier Kehle“ läutete den Weg zur Arbeit ein.
Auf die linker Hand liegende Scheune folgte, getrennt durch einen Zugang zur Gutsgärtnerei, der Pferdestall mit dem gegenüberliegenden Misthaufen und der Pferdetränke, der Ochsenstall und eine Stallung für Jungvieh. Quer in Reihe mit dem Bürohaus die Wohnung des Stallmeisters Wiedehöft und die des Lehrausbilders Dechand, genannt Spitzarsch. Warum? Peo kann das nicht erklären, denn er, der Ausbilder, war ein hagerer, großer und gut aussehender Mann.
Die Scheunen sind verschwunden, die Ställe leer. Der ehemals an jedem Wochenende immer sauber gefegte Hof teilweise verludert. Das geschlossene Ensemble eines Landgutes nicht mehr vorhanden. Auch im Jahr 2007. Schön zu sehen, dass Ansätze der Denkmalpflege die nach dem zweiten Weltkrieg einsetzende Verkommenheit nicht so schmerzlich empfinden lassen.
Weitere viele Einzelheiten über die Gutsküche, über den Gutsverwalter Herrn Schade, Moppel genannt, über den Umgang mit dem Lanz-Bulldog, den losgerissenen Bullen, ein Tier mit zwei kurzen Hörnern und 20 Zentner Gewicht, den riesigen Zuchtkeiler, den sogar der Schweinemeister respektierte, über die Feiern mit der Ausgabe der Prämien, der Bestarbeiterwimpel, über die im Haus lehrende Berufsschule, über die Erntefeste mit den Kirschlikörmarken, über den Erzieher Bruno Mirus, welcher später als Journalist Bilder schoss, den weinenden Genossen Kulturleiter (Stalin war gestorben) wären zu erzählen.

Die Kirche im berühmten Schulort, bestimmt auch besucht von Schülern wie Klopstock, Fichte, Ranke, Schlegel und Nietzsche, nicht einmal als historisches Denkmal geduldet, zerfiel in der sozialistischen Ära innerlich, äußerlich beginnend. Später,1990, die Republik existierte noch ein halbes Jahr in der Wendezeit, durfte Peo, ein Glücklicher, als zuständiger neuer Kreisschulrat die ersten Fördermittel zum Aufbau der Landesschule und der Kirche als Sonderzuführung überreichen. Hierhin wurde auch ein Taufstein zurückgebracht, welcher in Bad Kösen im Garten vom Kulturfrevel eines Langfingers Zeugnis ablegte.
Hier konnte das Elternpaar Peo an der Abiturfeier seines Christians teilnehmen. Im Zeugnis suchte man aber vergebens, die Eltern atmeten beim Blättern auf, Eintragungen über Weinparties der Knaben und Mädchen in den Waschräumen, über unbefugtes nächtliches Läuten der Keilglocken, leicht gemacht durch das in den Internatsflur hängende Glockenseil. Auch von Olafs Ranzen an der Kirchturmspitze hängend, gab es keine Kunde. Der soll über einen Internatsboden dorthin befördert worden sein.

Die ersten Gespräche zur Bildung des dann bald wirksam werdenden Pförtnerbundes, überwiegend Süddeutsche, begannen in Peos Wohnung, in der Domstadt. Alles vergessen? Süddeutsche sind eben auch nur Antimenschen.

Welch ein Kreislauf. Noch zu Beginn des Schuljahres 1989/90 sollte er als Elternvertreter rausgewählt werden. Das gelang den Schergen und ihren Mitläufern. Ein halbes Jahr später konnte er als Elternvertreter die Schulchöre begleiten, welche von der im Sauerland gegründeten Schwesterschule Meinerzhagen eingeladen waren. Von den musikalischen Erfolgen leicht geblendet, vom Können der sehr jungen Chorleiter und ihren Gattinnen stark beeindruckt, verfiel er in den Zustand einer milden Euphorie, heuerte, das Beste wollend auch gleich zum ersten Juli 1990 einen sich sehr gewandt gebenden Pädagogen an, welcher der Schlagzeile der Bildzeitung „Sex im roten Kloster“ folgend, seine gerade erst gewonnene Rolle als Schulleiter zu primär auf die Enge einer Besenkammer konzentrierte. Das, lieber Leser, ist keine verleumderische Gehässigkeit. Es stand alles in der Mond-BILD-Presse, meinte Peo geträumt zu haben. Dabei ging es nicht um die Besenkammer eines später sehr bekannt werdenden Tennisspielers.
Ach Peo, hättest du doch mehr Erfahrung und Zeit gehabt, dann wäre der junge Bewerber aus Regensburg, welcher persönlich in der Marienstraße vorsprach, als geeigneter erkannt worden.
Doch soll er sich trösten. Die Zeit gleicht oft Ungerechtigkeit aus. Ein Regensburger hat 2007 das berühmte Zepter übernommen. Sein Grundsatz, es solle keiner an dieser hervorragenden Bildungsanstalt des Geldes wegen benachteiligt werden, wurde auch gleich durch das Kultusministerium unterlaufen. Eine neue Gebührensatzung soll kommen. Schließlich muss das Loch im Landeshaushalt, entstehend durch die angehobenen Diäten der Abgeordneten und durch exklusive Parkdecks sowie weitere Fehlinvestitionen wieder gestopft werden.

Wie sehnsüchtig hat Peo in seiner Lehrzeit die Schüler bewundert, welche damals noch das Theaterspiel traditionsgemäß in so wunderbarer rhetorischer und künstlerischer Qualität pflegen konnten, welches heute wieder auferstanden ist.
Die Lehrlinge pflegten auf ihre Art die Kultur.

Sie spielten Schach, klimperten an Instrumenten und trafen sich im Landkino. Ein Herr Klose mit seiner Gattin, sie hatten beide die Schweizer Staatsangehörigkeit und wohnten bei Edschu Gerber in den Häusern an der Kleinen Saale, übten mit den Lehrlingen den Volkstanz.
Die Jungen trugen weiße Hemden und Kniestrümpfe. Dazwischen saß eine Lederhose und am Ende waren Turnschuhe angesagt. Die Mädchen waren mit einer weißen Bluse, mit einem schwarzen Mieder und einem roten Rock herausgeputzt. Diese Dreifarbigkeit stach dem Kulturleiter aus dem Volkseigenen Gute Schulpforte in die Augen. Die Partei fühlte sich wegen der Ähnlichkeit zu den Flaggenfarben des Kaiserreiches der Deutschen provoziert. Aber vor dem Verbot gelang es doch noch, zum Winzerfest in Freyburg an der Unstrut aufzutreten.
Im reichsfarbenen Tanzgewand und mit einem eingeübten Laienspiel zogen sie mit dem Planwagen, von zwei apfelnden Rössern gezogen, noch ungefährdet durch Autokarawanen, über die Almricher Holzbrücke, über Rossbach und Kleinjena zum Winzerfest, um im Künstlerkeller Freyburgs auf der Bühne einen ländlichen Schwank vorzutragen.

Ja genau dort, in der Winzerstadt an der Unstrut, dort, wo ein Boy mit einer Prinzessin ins kalte fließende Unstrutwasser ging, beide entkamen dabei nicht dieser Welt, dort, wo ein Nachfahre des Ahnen Hanns und seiner Catharina, um 17-hundert in Ostpreußen lebend, als Urgroßvater Hans jetzt, 2007 und später, oft seine Enkel hütet und nun nebst Gemahlin Christine, der Friedlichen, in deren Kraft die Ruhe liegt, hin und wieder die Urenkel begrüßt.

Ist es vielleicht tröstlich zu ahnen, ob Pfortenser eventuell mit gleichen Gefühlen der Sehnsucht am Schulteich standen, wenn Lehrlinge am Abend, auf den Ackergäulen sitzend, diesen durchschwammen und die Rösser reinigten, während auf sie der Drill der Kaderschmiede wartete? War einer davon vielleicht der zwei Jahre ältere Händel oder war er schon im Ländle? Auf jeden Fall ist der damalige Lehrling stolz, 1990 am Beginn einer Schulentwicklung aktiv teilgenommen zu haben, zur Eröffnung nach dem Landesschulrat einige Worte an das Auditorium der Landesschule richten zu dürfen, welche heute die Tradition pflegt und die modernsten Forderungen erfüllt, öffentlich wirkt, das Lernen lebt und keinen wegen fehlender Eigenfinanzierung den Aufenthalt abbrechen lassen will, so die Landespolitiker ihr Wort nicht brechen. Die, welche im Schweif dieses Bildungskometen als teils unbedeutender kosmischer Staub sich schon wieder dort herumtreiben, händeln, um politisches Kapital zu schlagen oder schlagen zu wollen, waren und sind wohl unvermeidbar.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website um diese laufend für Sie zu verbessern. Mehr erfahren